Hochmittelalterliche Verhüttung am Altenberg bei Müsen, Kr. Siegen-Wittgenstein

 

Sondagen erlauben neue Einblicke in die Historie einer der bekanntesten Montanreviere des nördlichen Siegerlandes

 

Tatkräftige Hilfe: Ein besondere Ereignis stellte die parallel durchgeführte Grabung von Lehrer und Schülern des Gymnasiums Stift Keppel an einem Meiler an der Fundstelle dar. – Foto: LWL-AfW/M. Zeiler.

22.07.2016

 

Die LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, erforscht zusammen mit dem Altenberg & Stahlberg e.V. sowie dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum seit einigen Jahren die Ursprünge von Bergbau und Hüttenwesen auf Buntmetalle im nördlichen Siegerland. Dieses Jahr liegt der Fokus auf der internationalen Bergbauwüstung Altenberg bei Müsen und ihrem Umfeld. Hier existierte im 13. Jahrhundert für knapp 100 Jahre eine ausgedehnte Siedlung von teilweise reichen Bergleuten, die nach Silbererz gruben und von einer kleinen Turmburg dominiert wurden. Frühjahrsbegehungen erbrachten den Nachweis, dass die Ausdehnung sowohl der Siedlung als auch der Betriebsgelände zur Gewinnung, Aufbereitung und Verhüttung der Erze deutlich größer sind, als bislang angenommen.

Neben spärlichen Steinfundamentresten wurden in erster Linie die Randzonen der Verhüttung mit Schlacken und verziegeltem Lehm ausgegraben. – Foto: LWL-AfW/T. Poggel.

Exemplarisch wurden die letzten Wochen eine Verhüttungswerkstatt südlich der Bergbauwüstung archäologisch unter der Leitung von Dr. Manuel Zeiler ausschnitthaft ausgegraben. Anlass der Ausgrabung war die Entdeckung einer großen Schlackenhalde sowie auffälliger Geländestrukturen an dieser Stelle, die erwarten ließen, hier eine Verhüttungswerkstatt zu finden, in der das silberhaltige Erz vom‎ Altenberg verhüttet wurde. Nach geophysikalischen Voruntersuchungen im Frühjahr untersuchten die Grabungen Anomalien des Messbildes dieser geophysikalischen Prospektion, ein Segment der Schlackenhalde, den rückwärtigen Hangbereich der Werkstatt sowie einen mutmaßlichen Wasserradgraben. Leider verhinderte die intensive Niederschlagsperiode durch aufsteigende Grundwässer tiefe Grabungsschnitte und damit auch die qualifizierte Ausgrabung des Grabens. Dennoch konnte anhand von Scherbenfunden geklärt werden, dass hier tatsächlich zeitlich parallel zur Bergbausiedlung eine Verhüttungswerkstatt stand. Die Abfallprodukte, Schlacken, fanden sich reichlich, hingegen von den eigentlichen Installationen und Bauwerken nahezu nichts mehr. Denn die Gebäude und Anlagen waren zumindest im Fundamentbereich in Stein ausgeführt und dieses wertvolle Baumaterial wurde nach Aufgabe der Hütte entfernt und woanders wieder verbaut. Übrig blieben daher nur geringe Reste nicht ausgegrabener Fundamentmauern und wenige Bruchstücke eines steingemauerten Ofens.

Ehrenamtliche Heimatforscher, wie hier Jens Görnig, unterstützten die Arbeiten. – Foto: LWL-AfW/M. Zeiler.

Parallel zu den Grabungen am Hüttenstandort konnte ein eigenständiges Projekt, initiiert durch den Lehrer Thomas Mockenhaupt, realisiert werden: Östlich der Hütte befinden sich zwei markante Terrassierungen im Wald, die nach der geophysikalischen Prospektion als Platzmeiler zur Holzkohlegewinnung identifiziert werden konnten. Bislang datieren wir die ältesten dieser Anlagen in das 15. Jahrhundert, aber mit dem Aufkommen wasserradgetriebener Gebläse und größerer Verhüttungsanlagen stieg im Mittelalter der Brennstoffbedarf stark an. Deswegen ist wahrscheinlich, dass Platzmeiler ebenfalls bis zum 13. Jahrhundert und nicht erst später erfunden wurden. Unter der fachlichen Leitung der LWL-Archäologie für Westfalen gingen Thomas Mockenhaupt und seine Schüler des Stift Keppel-Gymnasiums dieser Frage nach. Sie gruben drei Grabungsschnitte, dokumentierten Plana sowie Profile und berprobten ausgewähltes Material zur weitergehenden naturwissenschaftlichen Datierung. Wir sind gespannt, was die Datierungen ergeben und danken Lehrer wie auch den Schülern für ihr großes Engagement (s. eigener Blog-Beitrag des Stift-Keppel-Gymnasiums)!

Nun finden naturwissenschaftliche Analysen und die archäologische Auswertung statt: Archäologische Parallelen und historische Quellen werden zur Deutung der Strukturen am Altenberg einbezogen. Holzkohleproben werden datiert und die Schlacken nach den stattgefundenen technischen Prozessen untersucht.

Freilegen des ersten Planums an der Meilerkante. – Foto: Gymnasium Stift Keppel/T. Mockenhaupt.

Schülergrabung am Altenberg bei Hilchenbach-Müsen

Ein Blog-Beitrag von Lehrer und Schülern des Gymnasiums Stift Keppel

In der Schule beschäftigen wir uns theoretisch mit den chemischen Hintergründen von Oxidationsprozessen, lernen im Waldpraktikum im historischen Hauberg Fellinghausen die Herstellung von Holzkohle im Kohlenmeiler kennen, erfahren im Mathematikunterricht, wie sich radioaktive Zerfallsprozesse mit Hilfe von Exponentialfunktionen beschreiben lassen oder bekommen in Erdkunde kartesische Koordinatensysteme nähergebracht, mit denen wir uns auf der Erde orientieren können. Schön und gut, aber, um mit Goethe zu sprechen: Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum. Theorie ist halt nur die eine Seite der Medaille, die andere ist, das theoretisch Gelernte in die Praxis umzusetzen...und dazu sollten wir reichlich Gelegenheit erhalten.

Als Schülergruppe vom Gymnasium Stift Keppel durften wir zusammen mit unserem Betreuungslehrer, Herrn Thomas Mockenhaupt, drei Tage lang vom 28. bis 30.06.2016 an einer waschechten archäologischen Ausgrabung der LWL-Archäologie für Westfalen (LWL) am Fuße des Altenbergs teilnehmen. Den Altenberg kennt man im Siegerland wahrscheinlich am ehesten wegen seiner Sage, die von einer reichen Stadt berichtet, deren Bewohner aber hochmütig und habgierig waren. Trotz mehrerer Warnungen änderten sie ihren Lebenswandel nicht, so dass die Siedlung als Strafe Gottes durch eine große Feuersbrunst vernichtet wurde. Die Sage hatte einen wahren Kern, wie man durch Ausgrabungen in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts herausfand. Zum Vorschein kam eine mittelalterliche Bergbausiedlung, in der im 13. Jahrhundert Bergbau auf Silber umging.

In der jetzigen Grabung ging es nun darum, einen vermuteten Verhüttungsstandort zu erforschen, der mit der Bergbausiedlung in Zusammenhang stehen könnte. Und wo verhüttet wurde, brauchte man auch viel, viel Holz zum Verhütten, also auch Kohlenmeiler. Als Nachwuchsausgräber bekamen wir somit unser eigenes Grabungsobjekt zugeteilt, einen vermutlichen Meilerplatz in unmittelbarer Nähe der Verhüttung. Dr. Manuel Zeiler vom LWL, der uns bei unserer Ausgrabung betreute, erklärte uns, dass die frühesten Meiler, wie wir sie z.B. vom historischen Hauberg her kennen, im Siegerland ins 16. Jahrhundert datieren. Mittelalterliche „Meiler“ hat man zwar auch gefunden, sie bestanden aber nur aus einer kleinen Grube, in der lediglich kleine Mengen Holzkohle hergestellt werden konnten. Wenn man nun aber am Altenberg eine größere Verhüttungsstelle hatte, benötigte man auch große Mengen Kohle, also vielleicht auch große Meiler mit großer Produktion. Unsere Ausgrabung widmete sich damit der Fragestellung, ob der Meilerplatz evtl. auch mit der mittelalterlichen Bergbausiedlung in Verbindung stehen und könnte und wir somit den Nachweis für den frühesten „echten“ Kohlenmeiler hätten.

...und nun zur Praxis: In den drei Tagen unserer Grabung hat unsere Gruppe drei Suchschnitte im Meilerplateau angelegt, um an datierbares Material zu kommen und den (zeitlichen) Aufbau des Meilers verstehen zu können. Dabei wurde Schicht für Schicht fein säuberlich abgetragen und schriftlich, zeichnerisch und fotografisch dokumentiert. Funde – ein Eisenteil, von dem noch keiner weiß, was es eigentlich genau darstellen soll, oder Holzkohlenreste in solchen Mengen, dass man damit noch prima hätte grillen können – wurden beschrieben, mit Fundzetteln versehen und für die weitere Untersuchung fein säuberlich verpackt. An den verschiedenen Schichtprofilen in den drei Grabungsschnitten konnte man am Ende „ablesen“, wie genau der Meiler entstanden ist, wo die Köhler Material abgetragen und wo sie es aufgeschüttet haben um das Plateau zu schaffen, wo der vermutlich älteste Meiler stand, wie die Arbeitsfläche im Laufe der Zeit angewachsen ist und verändert wurde.

Während der Ausgrabung sind wir von den Archäologen des LWL in unzählige archäologische Arbeitstechniken eingewiesen worden und konnten diese direkt an unserem eigenen Grabungsobjekt (mit ein wenig Hilfestellung durch die erfahrenen Ausgräber) in die Tat umsetzen. Wir haben zudem praktisch erfahren, um den Bogen zum Anfang zu schlagen, dass man durch bestimmte Oxidationsausfällungen im Boden darauf schließen kann, dass dieser nicht von Menschenhand bewegt wurde, sondern das sogenannte Anstehende ist, also natürlich gewachsener Boden/ Fels. Wir haben maßstäbliches Skizzieren geübt und datierbare Holzkohle gefunden, deren Alter mit Hilfe der 14C- oder Radiokarbon-Methode über die Messung des (exponentiellen) Zerfalls radioaktiver Isotope bestimmt wird. Wir haben beim Einmessen unserer Grabungsschnitte mittels Tachymeter geholfen und können die Grabungsstelle nun über deren Gauß-Krüger-Koordinaten weltweit wiederfinden. Wir haben gelernt, wie man Schichtenfolgen in einem Schichtenprofil und das Aussehen eines Planums interpretiert, und auf diese Weise Rückschlüsse darüber bekommt, was vor zig hundert Jahren dort stattgefunden haben könnte.

Als erstes Fazit unserer Grabung können wir wohl (leider) annehmen, dass der Meiler aufgrund des sehr guten Erhaltungszustands der Holzkohle wahrscheinlich eher jüngeren Datums ist – aber `mal schauen und gespannt sein, bis die Ergebnisse der 14C-Untersuchung in einigen Monaten vorliegen!

 

Ganz, ganz herzlichen Dank dem gesamten Ausgrabungsteam um Dr. Manuel Zeiler. Das war für uns eine in jeder Hinsicht spannende Zeit, aus der wir viel praktisch haben mitnehmen können, was wir vorher, wenn überhaupt, nur theoretisch kannten. Insbesondere haben wir auch gelernt, dass Archäologen wirklich so aussehen wie Indiana Jones. Und Danke für die Wurst ;-)

 

Glück auf!

Neugestaltung des Gestellsteinbruchs

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